Wer hat etwas gegen den
Antifaschisten Graf Matuschka?
(2005-07-10)
Gedenken unerwünscht
Der bis heute weithin bekannte Gegner des nationalsozialistischen
Regimes und Landrat von Oppeln (1923-1933), Dr. Michael Graf von
Matuschka, der viele Deutsche und Polen vor dem KZ Auschwitz bewahrte
und am 14. September 1944 in Berlin gehängt wurde, muss im
heutigen
Oppeln noch immer auf eine Ehrung warten, weil eine Gemeinschaft von
Wohn- und Geschäftsraumeigentümern dagegen ist. In Breslau
dagegen
hängt in dem Gymnasium, das Matuschka abgeschlossen hat, schon
seit
zehn Jahren eine Gedenktafel.
Die Idee, am früheren Oppelner Landratsamt in der jetzigen Ulica
Krakowska (früher Krakauer Straße) eine Gedenktafel
anzubringen, stammt
von der Schlesischen Stiftung für Kultur und Wissenschaft mit
Professorin Joanna Rostropowicz an der Spitze. Viele Monate lang hatte
die Stiftung Geld für die vom Bildhauer Adolf Panicz in Sandstein
gemeißelte Tafel gesammelt. Einer Würdigung des
Antifaschisten Graf
Matuschka, der indirekt am Hitler-Attentat von 1944 beteiligt war (er
wurde in der Attentätergruppe um Schulenberg erwähnt), hatte
Oppelns
Stadtpräsident in seinem Brief an den Oppelner Landrat Henryk
Lakwa
zugestimmt. In dem Schreiben heißt es: „(…) Ich teile Ihnen mit,
dass
der Verwalter der Immobilie sich damit einverstanden erklärt hat,
dass
an der Frontwand des Gebäudes an der ul. Krakowska 53 eine
Gedenktafel
angebracht wird. Im Anhang übersende ich Ihnen eine Kopie der
Zustimmung.” Auch Maciej Mazurek, Chef der Oppelner Denkmalpflege,
segnete die Idee ab.
Breslau stolz auf Matuschka
„Die Gedenktafel, die daran erinnert, dass Matuschka das Breslauer
Gymnasium St. Matthias abgeschlossen hat, ist an der jetzigen
Nationalanstalt Ossolineum aus dem Grund gestiftet worden, damit jeder
Besucher dieser bedeutsamen Institution eine Ahnung davon bekommt,
welch einen Vorboten unserer Tätigkeit wir gehabt haben”, sagte
der
Direktor, Dr. Adolf Juzwenko.
Für sein Wirken ist Dr. jur. Michael Graf von Matuschka in
Breslau zu einem „Wegbereiter der deutsch-polnischen Versöhnung”
erklärt worden. Auf seinem Weg zum Galgen in
Berlin-Plötzensee sagte er
dem Gefängnisseelsorger Peter Buchholz: „Welch eine große
Gnade ist es
für mich, am Festtag der Erhebung des Heiligen Kreuzes
gehängt zu
werden.” Die Hinrichtung erfolgte am 14. September 1944.
SA-Schläger verjagt
Bekannt ist eine Aussage von Matuschkas Frau über das Verjagen von
SA-Schlägern, die 1933 auf den Balkon des Landratsamtes
vorgedrungen
waren und dort eine Hakenkreuzfahne aufhängen wollten. Der Graf,
ein
Offizier im Ruhestand, gab darauf den Befehl: „Kehrt – marsch!” Die
Schläger verließen das Gebäude.
Eine Mappe der Schlesischen Stiftung Kultur und Wissenschaft
enthält Warnungen des Grafen vor einer nahenden Katastrophe,
verursacht
von den Nazis, sowie an die Behörden gerichtete Gutachten, in
denen
festgestellt wurde, dass bestimmte Personen, denen mit
Konzentrationslager gedroht wurde, keine Feinde Deutschlands waren. Die
Geheimdienste des Dritten Reiches verfolgten eifrig die Tätigkeit
von
Graf Matuschka. Direkte Beweise für seine Beteiligung am
Hitler-Attentat wurden nicht gefunden, es gab jedoch eine umfassende
Korrespondenz mit Beteiligten der Verschwörung.
Keine Abstimmung
49 Prozent der Anteile an der Gemeinschaft von Raumeigentümern an
der ul. Krakowska 53 in Oppeln, wo nach dem Krieg auch das Landratsamt
seinen Sitz hatte, besitzt derzeit der Woiwodschaftsfonds für
Umweltschutz. „Was die Gazeta Wyborcza Opole am 1. Juli geschrieben
hat, stimmt nicht: Die Zeitung berichtete, der Umweltfonds sei auf dem
fraglichen Treffen nicht vertreten gewesen. Wir waren dabei, und es
wurde ein Beschlussentwurf verteilt, aber es gab keine Abstimmung
über
eine Gedenktafel. Man muss jetzt sinnvoll auf das Thema
zurückkommen
und erklären, worum es bei dem ganzen Missverständnis geht”,
sagte dem
SW Fondsvorsitzender Zbigniew Figas.
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